Mittwoch, 24. November – Die Ballsaison ist eröffnet (Lumley Castle Ball)

Nach einer gehörigen Portion bildender Literatur habe ich mich mit Katharina auf dem Marktplatz zum Make-up kaufen getroffen. Kaum zu glauben, aber wahr, das Make-up, dass ich davor gekauft hatte, konnte ich nicht vertragen. Es war schon etwas kompliziert mit mir – Volumenmascara oder eher lange Wimpern? Welche von den 1000 Lippenstiftfarben ist die richtige für mich? Mmmh, passt Make-up 103 wirklich zu meiner Hautfarbe und wenn ja, warum gibt es keinen Abdeckstift in derselben Farbe? Gefühlte 300 Jahre und bunt wie ein Kakadu später, konnte ich dann nach zwei Stunden in „Boots“ mit Make-up für 23 Pfund (!) das Geschäft verlassen und mich für den Ball fertig machen gehen.

Während ich mich fertig gemacht habe, hatte es angefangen zu schneien und der Weg zur DSU, wo mein Bus abfahren sollte, war wegen der Schneeböen sehr angenehm zu gehen. Mein Bus – Coach B – fuhr um 6.55pm nach Chester-le-Street los, wo wir in Lumley Castle dinieren würden… Der Ball kostete 53Pfund und war somit ziemlich teuer, aber noch nichts im Vergleich zum Castle Frühjahrsball, wo man angeblich 130Pfund bezahlen muss. Zunächst einmal gab es einen Weinempfang an der Bar und man hatte Gelegenheit zum Fotos machen lassen. Da ich ohne irgendwelchen Bekannten zum Ball gegangen war, stand ich erst einmal ein wenig verloren in der Ecke und das weckte das Mitleid der Fotografin, die herumlief, um Gruppenfotos zu machen. Die Fotografin sprach mich mehrfach an, um sich mit mir zu unterhalten, was sehr nett war. Allerdings und das fand ich lustig, dachte sie nicht darüber nach, dass ich auch OHNE Gruppe fotografiert werden könnte. Nach ein paar Minuten traf ich dann auf Rosie, die mich schon vom Hadrian’s Wall trip kannte, die überaus nett ist und den Ball organisiert hatte. Wir ließen uns dann fotographieren (Ich hatte Mitleid mit ihr, you know J) und ich lernte ein paar Leute kennen.

Dann kam ein Mann im historischen Gewand, der sich als Lord Lumley vorstellte und mit uns eine Zeitreise in das Jahr 1506, glaube ich, machte. Wir lernten  alles was wir für den Abend wissen mussten wie zum Beispiel das Lumley Castle Lied und vor allem, dass man kräftig jubeln muss, wenn ihre Majestät die Königin Elisabeth I erwähnt wird. Ein Diener verlas die Namen für die Tische und die aufgerufenen Gäste gingen dann geschlossen in den Festsaal. Der Diener machte immer wieder Scherze über die Namen, die er nicht nennen konnte und entschuldigte sich immer wieder für Versprecher. Als mein Name genannt werden sollte sagte er, dass er in diesem Fall gar keine Chance hätte, den Namen richtig auszusprechen… nie und nimmer. Ich muss ihm zugestehen,  dass es gar nicht so schlimm war. Jedenfalls ging ich dann auch zu meiner Gruppe und ging zusammen mit ihnen in den Festsaal, wo wir an 9 riesigen Tischen und Bänken Platz nahmen.  Vor Kopf und genau gegenüber der Bühne stand der Hightable mit den Ehrengästen – also dem Vorstand der Society.

Sir Lumley erklärte uns kurz seine Familiengeschichte und lud uns herzlich zum Bankett ein. Leider brachte sein Diener dann eine Schriftrolle herbei,  durch die der Gute abberufen wurde und nicht am Bankett teilnehmen konnte. Jeder von uns bekam persönlich ein Lätzchen umgebunden, das wie wir noch sehen werden, sehr sinnvoll war. Daraufhin wurde das Essen mit Fahnen und Fanfaren angekündigt und dann wurden der Fasan und die weiteren Essensplatten feierlich in den Raum getragen und präsentiert. Nun wurde das Lumley Castle Lied angestimmt und es wurde geschunkelt. Anschließend wurde der erste Gang von einer Seite der Bank durch die Reihen von Person zu Person gereicht.

Als erstes gab es Eintopf (stew) und Brot, aber weit und breit gab es keinen Löffel, deshalb musste uns Sir Lumley und sein Diener zeigen wie man Eintopf ohne Löffel isst. Es gibt da im wesentlichen zwei Strategien: 1. Duncan (dunk in- ist wohl selbsterklärend) oder 2. Scoobidoo (die ungraziöse Schlabber-, Saugvariante direkt aus der Schüssel). Dumm war nur, dass der Eintopf so zähflüssig war – das heißt garantiert nicht das er nicht geschmeckt hat, dass weder die Duncan noch die Scoobidoo-Variante sehr aussichtsreich war. Weder blieb viel am Brot hängen noch konnte man die Suppe aus der Schüssel in den Mund laufen lassen… da musste man ein bisschen nachhelfen. Schließlich wurden nach kurzer Zeit und aufgrund von Stagedirections auf Schildern die Schüsselchen wieder zurück zum Tischende gereicht.

Zwischen jedem Gang wurden wir mit Gesang, Tanz, Theater und Musik unterhalten, sodass das Dinner eher zu einem Mitmach-Musical wurde: mal wurden wir von Hexen heimgesucht, mal von St. Cuthberth gesegnet, dann durften wir uns ein „Shakespeare-Stück“ ansehen, einem Dudelsackspieler oder einem Flötenspieler lauschen usw. Zwischendurch wurde natürlich gejubelt, wenn mal wieder Elizabeth I genannt wurde, und direkt vor jedem Gang geschunkelt und gesungen, während das Essen reingebracht wurde. Zudem wurde jeder Gang durch ein paar dumme Sprüche eingeleitet…

Der zweite Gang war dann Admirals Pie (Fischstücke mit Soße in der Mitte und rundherum Kartoffelbrei) in einer Muschelschale – das war leicht zu essen zumal wir ein Messer zum Abkratzen hatten. Als dritten Gang gab es dann aber Lammrippchen mit Soße, die mehr aus Fett bestanden als aus Fleisch und die Soße machte das Essen mit den Händen auch nicht viel besser. Das Wasserschüsselchen und das Schlabberlätzchen waren in diesem Falle ganz besonders notwendig und hilfreich. Das vierte Gericht bestand aus einer riesigen Ofenkartoffel, Salat und einem unheimlich leckerem Hühnerbein. Man musste sich wie immer unheimlich mit dem Essen beeilen denn nach ein paar Minuten musste das Geschirr wieder zurückgegeben werden. Der finale fünfte Gang – der Nachtisch – war ein Apfelkompott mit Streuseln überbacken – yummy. Während des gesamten Essens konnte man ohne Begrenzung Met (engl. mead = Honigwein), Rotwein oder Wasser trinken.

Im Anschluss an das Bankett durfte man von einem riesigen Schokobrunnen naschen, Früchte darunter halten oder Donuts essen. Wer genug vom Essen hatte, konnte entweder die Bar unsicher machen oder im Dungeon mit einem der grandiosesten DJs (er spielte 2x Abba – was nicht schlimm ist; dann Macarena, weil zwei Studis lustig den Tanz zum falschen Lied tanzten; dann auch noch Dragosteia Tin Te – AAAH und diverse unbekannte Bumbum Lieder; zum Schluss ist er aber zur Vernunft gekommen *g*) abfeiern. Aber Achtung! Betrunkene Damen tendieren gelegentlich dazu ihr Rotweinglas nicht mehr so ganz unter Kontrolle zu haben und torkeln dann lustig durch die Menge, während sie elegant die Abendkleider beflecken… SUUUUPER. Andere Betrunkene tendieren eher dazu die Gunst der „dunklen“ Stunde anderweitig zu nutzen … äh… Luftholen nicht vergessen… das Essen ist außerdem vorbei.

Als wir dann um 0.30am das Schloss verlassen wollten, herrschte draußen ein Schneechaos. Da der Schnee liegen blieb bot sich die optimale Gelegenheit Schneeengel in Abendrobe zu machen oder im Schneegewirr vorm Schloss zu posen. Wer sich dann auf dem Weg zum Bus nicht hingelegt hatte, weil er seine Freundin huckepack den Berg runter tragen musste, der hat großes Glück gehabt. Tatsächlich schneite es auch in Durham so heftig, dass der Schnee liegen blieb und den Nachhauseweg versüßte. Aber das war noch GAR nichts wie wir noch erfahren sollten…

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